Samstag, 24. Januar 2009
 
Wien/Verkehr: Offener Brief PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von 74 Wiener RadlerInnen   
Freitag, 7. November 2008

Binnen weniger Tage sind 3 RadfahrerInnen in Wien von Autos oder LKWs übersehen und getötet worden. Darauf reagiert nun die Stadt mit einem "Radgipfel". Peter Pilsl hat darum nachfolgenden Protestbrief an Bürgermeister Häupl, Verkehrsstadtrat Schicker, den Leopoldstädter Bezirksvorsteher Kubik und BVStv. Hasch verfaßt. 73 andere Wiener RadfahrerInnen haben ihn auch unterzeichnet:

Viele RadfahrerInnen und AktivistInnen in Wien sind traurig und auch wütend über die jüngsten Todesfälle in Wien, speziell im 2. Bezirk. Die ”Unfälle” waren nicht Pech oder unvermeidbar sondern sind das vorhersehbare Ergebnis einer ignoranten Verkehrspolitik, die RadfahrerInnen aus der Wahrnehmung drängen will, anstatt sie zu einem in vielfacher Hinsicht wertvollen und vor allem respektierten und akzeptierten Teil des innerstädtischen Verkehrs zu machen.

Wenn sich nun als Reaktion der Stadt Wien am 18.11. ein Radverkehrsgipfel zusammenfindet, der genauso besetzt ist wie in den letzten Jahren, in denen es zu keiner signifikanten Verbesserung der Situation gekommen ist, dann ist das das falsche Signal und ein weiteres Alibi-Event, das nichts bringt.

Es ist Zeit, RadfahrerInnen ernst zu nehmen und ihnen den zustehenden Stellenwert und Raum zu geben. In der Verkehrsplanung, in den Medien und auf der Strasse.

Wenige Leute, mit denen ich spreche, glauben, dass die von Ihnen erwähnten Mitglieder des Radverkehrgipfels (Arbö, ÖAMTC, Argus, Magistrate, Parteienvertreter und der zahnlose Radwegkoordinator) das nötige Expertenwissen bzw. das Interesse haben, eine wirkliche Verbesserung der Radfahrersituation zu erreichen, die einerseits finanzielle Mittel (zB. Imagekampagnen) und andererseits eine Änderung der Autosituation (Tempolimits, Negativimage für Autorowdies und Abdränger, Einschränkung des ”die Strasse gehört den Autos”-Gedanken usw.) erfordert.

Wenn Sie wirklich Interesse an einer Änderung und Verbesserung haben, dann laden Sie zu diesem Gipfel und zu künftigen Gremien wirkliche anerkannte ExpertInnen ein und auch Menschen, die Erfahrung mit der alltäglichen Situation der RadfahrerInnen haben und international erfolgreiche Modelle und Studien zur Förderung des Radverkehrs und damit der Radsicherheit kennen, die in Wien seit Jahren nicht einmal ignoriert werden.

Ich kann Ihnen gerne die nötigen Kontakte vermitteln, wenn Interesse daran besteht, aber viele RadfahrerInnen in Wien und im 2. Bezirk werden nicht damit zufrieden sein, wenn die Verkehrskommission nun einmalig ”Radgipfel” heisst und sich wieder nichts ändern wird.
Wir kennen die heisse Luft, wenn es bei Alibi-Fachdiskussionen und politischen Auftritten wieder nur um ”mehr Radwege”, ”Tempolimits für Radfahrer” oder die medial gehypten ”Radrowdies” anstatt um reale Probleme und Lösungen geht.

Und wir wollen nicht mehr heisse Luft und weiterhin jährlich zahlreiche getötete RadfahrerInnen. Wir wollen Akzeptanz und Respekt und mehr Sicherheit durch Rücksicht und mehr Sicherheit durch eine Erhöhung des Radverkehranteils, wie sie von Ihnen selbst seit langem gefordert, aber nicht umgesetzt wird.

Quelle: http://www.criticalmass.at/762

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